Kita Philosophenweg war Vorreiter für Inklusion im Kita-Bereich

Erstellt von Kerstin Kempermann |

Einrichtung wurde 1970 eröffnet

Oldenburg, 14.7.2021 - Gerne hätten Astrid Brundiers und ihr Team der Kita Philosphenweg gemeinsam mit Kindern und Eltern das 50-Jährige Bestehen der Kindertagesstätte Philosophenweg groß gefeiert. Und zwar schon im vergangenen Jahr. Doch durch die Corona-Pandemie war das nicht möglich. Erinnern will das Team trotzdem an die Geschichte der Kindertagesstätte, denn in den 51 Jahren ihres Bestehens war die Kita immer ein Vorreiter für die Förderung von Kindern mit Beeinträchtigung und den Gedanken der Inklusion.

„Alle Kinder werden von uns so angenommen, wie sie sind“, betont Astrid Brundiers die Haltung der Mitarbeitenden. Schwerpunkt ist die gemeinsame Erziehung von Kindern mit und ohne Behinderung. Dabei wird auf die individuellen Bedürfnisse und Kompetenzen der Kinder geachtet.  „Wir knüpfen an den Ressourcen der Kinder an und fördern ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten. Eine vertrauensvolle Beziehung zwischen dem Kind und den Pädagog*innen gibt den Kindern eine sichere Grundlage, in der Kita neugierig und aktiv die Welt zu erkunden“, sagt Brundiers.

Aktiv werden durften die Kinder jetzt auch zum 51-jährigen Bestehen der Kita. Gemeinsam mit den Pädagog*innen gestalteten sie bunte Steine, mit denen dann gemeinsam vor der Kita eine große 51 gelegt wurde, um an die Gründung 1970 zu erinnern. Stolz zeigten die Jungen und Mädchen auf ihren Stein, der ein Teil der großen Zahl bildete. „Jeder ist ein Teil des Ganzen, das konnten die Kinder bei der Aktion erleben“, freut sich Brundiers, die die Einrichtung seit 2013 leitet.

Als die Kindertagesstätte unter der Leitung von Schwester Ursula auf dem Gelände der ehemaligen Obstplantage des Diakonissenhauses zwischen dem Friedas Frieden Stift und dem Botanischen Garten eröffnet wurde, hieß sie noch „Tagesstätte für das behinderte Kind“. Zunächst wurden 38 Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigung betreut, die zwischen drei und 16 Jahre alt waren. Die Zahl der Kinder erhöhte sich bald auf 50 in sieben Gruppen, weil der Einzugsbereich auf die Landkreise Oldenburg, Ammerland und Wesermarsch ausgedehnt wurde. Ab den Jahren 1976/1977, als für Kinder mit Beeinträchtigung die Schulpflicht eingeführt wurde änderte sich der Schwerpunkt der Arbeit. Dieser lag nun auf der Vorschulerziehung und der Förderung schwerst-mehrfach behinderter Kinder und Jugendlicher, bei denen die Schulpflicht ruhte.

Schon frühzeitig wurde deutlich, dass eine Förderung von Kindern mit einer Behinderung vor dem Kindergartenalter beginnen muss. Aus dieser Erkenntnis wurde die pädagogische Hausfrühförderung eingerichtet, die durch Spielkreise in der Tagesstätte ergänzt wurde. An diesen Spielkreisen nahmen auch Kinder ohne Behinderungen aus der unmittelbaren Nachbarschaft teil. Die positiven Erfahrungen daraus führten Ende der 70er Jahre zu ersten konkreten Planungen für eine gemeinsame Erziehung von Kindern mit und ohne Behinderung. Die erste integrative Gruppe wurde 1981 mit vier Kindern mit und fünf Kindern ohne Behinderung eingerichtet. Im Jahre 1983 folgten zwei weitere Integrationsgruppen.

Die integrative Erziehung konnte zunächst nur beispielhaft stattfinden. Erst ab dem Kindergartenjahr 1984/85 wurden der Kindertagesstätte durch die Stadt Oldenburg 20  Regelkindergartenplätze genehmigt. Dadurch erhielt die bis dahin vom Diakonischen Werk der Ev.-Luth. Kirche in Oldenburg e.V. getragene Finanzierung eine gesetzliche Basis. Damit war die Kindertagesstätte Philosophenweg noch vor den 1988 beginnenden Modellversuchen Niedersachsens erste integrative Einrichtung. Im Jahr 1993 erhielt sie als erste Einrichtung in Oldenburg die „Betriebserlaubnis“ für den integrativen Kindergarten. Der Förderverein der Kindertagesstätte Philosophenweg e.V. (FÖPS) wurde 1997 auf eine Initiative von Mitarbeitenden gegründet.

Heute werden im Kindergarten in drei Integrationsgruppen jeweils vier Kinder mit Behinderung und 11, bzw. 14 Regelkinder ganztägig betreut. Außerdem bietet die Kindertagesstätte 18 Kindern mit erhöhtem Förderbedarf Betreuungsplätze in heilpädagogischen Gruppen an. Seit 2009 gibt es zwei Krippengruppen und bereits seit 2010 ist eine der beiden Regelgruppen zu einer integrativ arbeitende Krippengruppe geworden. Hier werden zurzeit 7 Kinder ohne und drei Kinder mit Behinderung betreut und gefördert.

Insgesamt werden in den acht Gruppen der Kita 94 Kinder im Alter von  einem bis sieben Jahren ganztägig betreut. Etwa ein Drittel der Kinder ist im Sinne des Sozialgesetzbuches XII (§§53, 54 oder SGB VIII § 35a) behindert oder von einer Behinderung bedroht. Für alle 94 Jungen und Mädchen ist die Kita ein Ort, an dem sie Angenommenheit und Geborgenheit erleben können. Wichtig ist dem Team dabei die Erziehungskooperation mit den Eltern und Zusammenarbeit mit anderen Institutionen: Autismus-Therapie-Zentrum, Sozialpädiatrisches Zentrum, Ärzte und Therapeut*innen, Gesundheitsamt, Familienhilfen, Amt für Jugend- und Familie sowie für Teilhabe und Soziales, (Förder-) Schulen  und Ausbildungsstätten. Geprägt ist die Arbeit auch durch die christliche Grundhaltung der diakonischen Einrichtung. „Die christliche Erziehung wird durch die Art des Vorlebens, des Miteinanders und durch religionspädagogische Angebote wahrgenommen“, sagt Astrid Brundiers. „Kinder sind für uns selbstständige Geschöpfe Gottes und werden so angenommen, wie sie sind. Die Einrichtung der Diakonie ist für alle Kinder offen, unabhängig von Religionszugehörigkeit und kulturellem Hintergrund.“

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